CO2-neutrale Landesverwaltung
Lernen und Handeln für unsere Zukunft
Newsletter Mai 2024
Liebe Leserinnen und Leser,
Die Lebensmittel, die wir täglich zu uns nehmen, verursachen eine beträchtliche Menge an Treibhausgasemissionen. Je nachdem, wie wir uns ernähren, können wir jedoch Einfluss auf die Umweltauswirkungen nehmen. Aus zwei unterschiedlichen Perspektiven beleuchten wir in diesem Newsletter die Lebensmittelproduktion und den Konsum.
Sie erfahren außerdem, welchen Beitrag Hülsenfrüchte zu einer nachhaltigen und gesunden Ernährung leisten und lernen vorbildliche Initiativen und Projekte aus Hessen kennen, die unseren Lebensmitteln mehr Aufmerksamkeit schenken
Schauen Sie doch mal rein und empfehlen Sie den Newsletter der CO2-neutralen Landesverwaltung gerne weiter!
Viel Spaß bei der Lektüre wünscht Ihnen
Ihr Elmar Damm
Projektleiter CO2-neutrale Landesverwaltung
Produzent und Konsument
Jörg Kramm und Christian Weingran betrachten nachhaltige Ernährung aus unterschiedlichen Perspektiven. Was dem Landwirt und dem Mitglied eines Ernährungsrats dabei berufsbedingt und persönlich besonders wichtig ist, lesen Sie im aktuellen KLIMAZIN.
Jörg Kramm, der in Nordhessen einen konventionellen Betrieb mit Schweinemast und Legehennenhaltung führt, betrachtet Klimaschutz als einen zentralen Aspekt seiner Arbeit. Im Gespräch betont er die Abhängigkeit der Landwirtschaft von der Natur und von klimatischen Extremereignissen. Seit mehr als 20 Jahren engagiert er sich für eine nachhaltige Kreislaufwirtschaft und arbeitet daran, die Umweltauswirkungen des Familienbetriebs zu reduzieren.
Erneuerbare Energien spielen dabei eine große Rolle: 70 Prozent des benötigten Stroms produzieren er und sein Sohn Moritz über Photovoltaikanlagen auf den Dächern und versorgen damit unter anderem die Futteraufbereitungstechnik. „Beim Ackerbau setzen wir auf Humusaufbau durch vielfältige Fruchtfolgen und auf Minimalbodenbearbeitung, auch wenn dies mit dem Einsatz von Pflanzenschutzmitteln einhergeht“, sagt Jörg Kramm. „Doch die Alternative – mechanische Bodenbearbeitung per Trecker und Pflug – verbraucht wiederum viel Diesel. Man muss da immer abwägen.“
Regionalität und Transparenz
An seiner Arbeit reizt Jörg Kramm vor allem die unternehmerische Herausforderung und die Möglichkeit, sich frei zu entfalten – trotz Abhängigkeit von der Witterung und anderen Aspekten. Kritisch sieht er die Umsetzung klimaneutraler Produktionsweisen, für die es aus seiner Sicht finanzielle Unterstützung und geschützte Märkte braucht. Persönlich legt er bei Lebensmitteln großen Wert auf Regionalität und Transparenz und bevorzugt eine ausgewogene Ernährung ohne Fertigprodukte. Auswärts bestellt er niemals Schweinefleisch – denn das gibt es ja schon zuhause. „Ernährung und Nachhaltigkeit passen für mich zueinander wie Mutter und Kind“, sagt der Landwirt.
Als Vorstandsmitglied des Ernährungsrats Marburg und Umgebung e. V. verfolgt Christian Weingran eine umfassende Vision für ein nachhaltiges Ernährungssystem, das auf Qualität, Transparenz, Regionalität und ökologischer Verantwortung basiert. Er betont die Bedeutung von Bio- und regionalen Produkten sowie des Tierwohls und sieht den Klimaschutz als integrales Element dieses Systems. Weingran fordert eine Veränderung der Konsumhaltung hin zu mehr Wertschätzung für Lebensmittel und deren Produzenten sowie zu einer bewussteren Auswahl von Lebensmitteln.
Biologische und kulturelle Vielfalt
Neben seiner Tätigkeit im Ernährungsrat ist er in der Regionalgruppe Mittelhessen von Slow Food aktiv – ein globales Netzwerk, das sich für gutes, sauberes und faires Essen für alle einsetzt. „Dafür brauchen wir eine tiefgreifende ökologische und soziale Veränderung der Art und Weise, wie Lebensmittel produziert, verarbeitet, gehandelt und konsumiert werden“, so Weingran. Schwerpunkte der Aktivitäten von Slow Food sind der Schutz und das Wiederherstellen der biologischen und kulturellen Vielfalt und eine handlungsorientierte Ernährungs- und Bewusstseinsbildung.
An seiner Arbeit gefällt Weingran am meisten der Austausch mit Erzeugenden und Lebensmittelhandwerkerinnen, mit Initiativen und Pionieren, die schon jetzt den Ernährungswandel gestalten. Persönlich legt er bei seiner Ernährung Wert auf Bioprodukte – so saisonal und regional wie möglich. Er hat die Vielfalt der Zubereitungsarten von Gemüsen und Hülsenfrüchten für sich entdeckt, genießt aber auch Fleisch, wenn er weiß, wo es herkommt. „Ernährung und Nachhaltigkeit passen für mich zueinander, weil Ernährungssicherheit und menschliche Gesundheit fundamental abhängig sind von intakten Ökosystemen weltweit – also der planetaren Gesundheit“, sagt Weingran.
Was Jörg Kramm und Christian Weingran sonst noch über Ernährung und Klimaschutz sagen, lesen Sie im aktuellen KLIMAZIN.
Tierische Abenteuer
Schafe, Bienen, Hühner: In der Jugendherberge Büdingen am östlichen Rand der Wetterau gehören Tiere fest zum Programm – auf den Teller kommen sie hier seit 2022 allerdings nicht mehr.
Raus aus der Stadt und rein in den Wald: In der Jugendherberge Büdingen können Kinder und Erwachsene nachhaltige Klassenreisen oder Urlaube im Herzen der Natur verbringen. Auf dem 10.000 Quadratmeter großen Gelände oberhalb des Wildparks und des mittelalterlichen Städtchens wartet auch ein „tierisches Kollegium“ auf die Besucherinnen und Besucher.
Insgesamt sieben Schafe leben in der Jugendherberge – sechs davon sind momentan trächtig. Im Jahr 2022 wurden fünf Lämmer geboren. Die Tiere kennenzulernen und sie gemeinsam zu füttern gehört für die Schülerinnen und Schüler zum Programm in Büdingen. Begleitet werden sie dabei von zwei Pädagogen, die die Jugendherberge 2022 im Rahmen ihrer Zertifizierung zur Umwelt- und Naturjugendherberge eingestellt hat.
Ein paar Meter weiter tummeln sich zehn Hühner aus der Hühnerrettung, die in Büdingen ihre „Rente“ verbringen. Vermittelt werden sie von der Organisation „Rettet das Huhn“. Sie sucht für Legehennen, die an Altersschwäche leiden oder nicht mehr produktiv genug sind, ein neues Zuhause und bewahrt sie vor der Schlachtung. Hier in Büdingen können die Hennen die frische Luft genießen und legen auch noch ein paar Eier, die die Gäste kaufen können. Die Erlöse spendet die Jugendherberge an „Rettet das Huhn“.
Auch Insekten fühlen sich in Büdingen wohl – nicht nur in den von Besucherinnen und Besuchern gebastelten Mini-Jugendherbergen aus Konservendosen, Bambusröhren und Tannenzweigen. Herbergsleiter Michael Klinge und seine Stellvertreterin Diana Timm haben einen Imkerlehrgang gemacht und betreuen gemeinsam sieben Bienenstöcke. Im vergangenen Jahr haben sie erstmals Honig geimkert, den viele Kinder als Mitbringsel mit nach Hause nehmen. „Letztes Jahr hat unser Honig wirklich einen reißenden Absatz gefunden“, berichtet Diana Timm.
Die Jugendherberge Büdingen in Zahlen
- 1964 eröffnet
- 10.000 Quadratmeter Grundstück
- 161 Betten in 3 Gebäuden
- 17 Mitarbeitende
- 10 Hühner
- 7 Bienenstöcke
- 7 Schafe
- 2 Umwelt- und Naturpädagogen
- 0 Fleischgerichte
Auch jenseits der tierischen Erfahrungen dreht sich in Büdingen alles um Natur und Nachhaltigkeit. Einwegverpackungen sind hier Geschichte, Upcycling hat Hochkonjunktur und kam etwa beim Bau eigener Hochbeete aus alten Bettrahmen zum Einsatz. „Es ist uns wichtig, die Ressourcen zu verwenden, die wir ohnehin vor Ort haben“, erklärt Diana Timm. Die Jugendlichen lernen hier auch, welches Holz sie für den Lagerfeuerabend sammeln können, ohne der Natur zu schaden.
Ein Alleinstellungsmerkmal ist die Verpflegung: 2022 ist die Jugendherberge Büdingen als erste in Deutschland auf vollvegetarische Kost umgestiegen. Im Speisesaal genießen die Gäste Spaghetti Bolognese aus Gemüse und belegen sich selbst ihre Veggie-Burger.
Wie die Jugendherberge Büdingen zur ersten vollvegetarischen Jugendherberge Deutschlands wurde und wie das bei den Gästen ankommt, lesen Sie im aktuellen KLIMAZIN.
Hessisches Engagement
Das Land Hessen ist an gut 50 privatrechtlichen und öffentlich-rechtlichen Unternehmen unmittelbar beteiligt, die sich auf unterschiedliche Art und Weise für Klimaschutz im Bereich Ernährung engagieren.
Das Berufsbildungswerk Südhessen (bbw) in Karben bietet in seiner Kantine „Mittelpunkt“ einen Veggie Day mit ausschließlich vegetarischer und veganer Kost an. Auch an allen anderen Wochentagen steht mindestens ein vegetarisches oder veganes Gericht auf dem Speiseplan. Die Kantine achtet verstärkt darauf, lokal und regional einzukaufen. So werden z. B. Eier von einem Hof bezogen, der etwa 1.000 Meter Luftlinie vom Unternehmen entfernt liegt. Zudem hat das bbw das Label „Lokal gewachsen – mit Liebe verarbeitet“ ins Leben gerufen. Damit werden hausgemachte Produkte gekennzeichnet, deren Hauptbestandteile lokal gewachsen sind – größtenteils sogar auf dem bbw-Gelände.
Ein Steckbrief im aktuellen KLIMAZIN zeigt die wichtigsten Informationen zum Label.
Im Freilichtmuseum Hessenpark in Neu-Anspach werden auf 65 Hektar nicht nur Fachwerkhäuser und Ausstellungen gezeigt, sondern auch Bioland-zertifizierte Landwirtschaft und Tierhaltung betrieben. Seit 2012 züchtet der Hessenpark als anerkannter Arche-Park zur Erhaltung alter, gefährdeter Haustierrassen auch das Deutsche Sattelschwein. Die Tiere werden größtenteils auf einer - etwas eingeschränkten - Form der Waldweide gehalten. Die Waldbeweidung hatte über Jahrhunderte einen sehr hohen Stellenwert in der bäuerlichen Wirtschaftsweise und verschwand in Hessen erst ganz in den 1950er Jahren. Angepasst an heutige Bedingungen können sich Tiermast und Holzeinschlag rentabel ergänzen – die extensive Schweinemast trägt sogar zum Anwachsen der Biodiversität bei, da durch das Wühlen im Waldboden neue Lebensräume entstehen und der Wald artenreicher wird.
In einer Dreifelderwirtschaft, auf Ackerterrassen und einem Wölbacker werden nicht nur Futterpflanzen für die Museumstiere angebaut, sondern auch alte Nutzpflanzen wie Emmer und Einkorn. Zum Erhalt der Pflanzenvielfalt wachsen seit 2019 alte Kulturpflanzen in der historischen Gärtnerei des Hessenparks, die über die jährlich im März stattfindende Saatgutbörse ihren Weg in die Gärten Hessens finden. Verschiedene Vermittlungsangebote unterstützten zudem den Trend zum Anbau von eigenem Gemüse. Am 2. Juni findet der Thementag Garten statt, am 10. November der Thementag „Von der Sau zur Worscht“.
Wie das Freilichtmuseum Hessenpark Modernes mit Bewährtem verbindet, lesen Sie auch im aktuellen KLIMAZIN.
Im GSI Helmholtzzentrum für Schwerionenforschung in Darmstadt wird Verpackungsmüll reduziert, indem man auf Papiertüten statt Einwegplastik und ein Mehrwegsystem für Geschirr und Besteck zurückgreift. Auf Bildschirmen in der Kantine ist die CO2-Bilanz des jeweiligen Gerichts ersichtlich. Regionale Lieferanten werden bevorzugt beauftragt, der Catering-Dienstleister achtet darauf, so wenig Müll wie möglich zu produzieren. Zudem ist neben weiteren Maßnahmen geplant, Fleisch- und Wurstwaren zu reduzieren und auf artgerechte Tierhaltung zu achten, Fisch- und Fischprodukte aus nachhaltiger Fischerei und verantwortungsvoller Aquakultur zu beziehen sowie gänzlich auf gentechnisch veränderte Lebensmittel zu verzichten.
Mehr zum GSI Helmholtzzentrum für Schwerionenforschung
Beim Caterer der Messe Frankfurt stehen Regionalität, Saisonalität und Bio-Qualität bei der Auswahl der Zutaten an erster Stelle. Durch die Zusammenarbeit mit lokalen Produzenten und Lieferanten werden Transportwege minimiert und der ökologische Fußabdruck reduziert. Die beiden Betriebskantinen nehmen seit 2023 am Veganuary teil – einer globalen Initiative, die Menschen dazu ermutigt, sich im Januar vegan zu ernähren. Durch die kurzen Produktions- und Transportwege direkt auf dem Messegelände können die benötigten Mengen flexibel angepasst und Abfall reduziert werden. Bei den Küchengeräten wird auf Energieeffizienz geachtet, Elektrofahrzeuge sind die erste Wahl für den schnellen Transport auf dem Messegelände. Als eine der ersten Messegesellschaften führt die Messe Frankfurt das international anerkannte Umweltmanagementsystem nach EMAS (Eco Management and Audit Scheme) ein. Mehr dazu lesen Sie im aktuellen KLIMAZIN.
Im Weingut Kloster Eberbach in Eltville am Rhein werden Nachhaltigkeit und Biodiversität bei der Herstellung der Weine und Sekte konsequent mitgedacht. Aus der Jahrhunderte währenden Tradition ergibt sich aus Sicht des Unternehmens eine besondere Verantwortung für die Umwelt. Auf den Einsatz von Gift im Pflanzenschutz wird deshalb seit vielen Jahren konsequent verzichtet, Schädlinge werden nur mit biologischen Verfahren bekämpft. Um die Vitalität der Weinbergsböden zu erhalten, wird intensiv mit Gründüngung und organischer Düngung statt mit Mineraldünger und Kupfersulfat gearbeitet. Pilzwiderstandsfähige Rebsorten werden vermehrt angebaut und befinden sich in Umstellung zum zertifizierten biologischen Anbau. Seit 2024 trägt das Weingut das Nachhaltigkeitssiegel „Fair Choice“ – mehr darüber lesen Sie im aktuellen KLIMAZIN.
Mehr zum Weingut Kloster Eberbach
Die Verkehrsverbund und Fördergesellschaft Nordhessen mbH (NVV) in Kassel möchte seine Mitarbeitenden bei einer gesunden Ernährung unterstützen. Dafür setzt sie unter anderem positive Anreize, auch im Büroalltag mehr Obst und Gemüse zu essen und auf den schnellen Griff zu Schokoriegel oder Kuchen zu verzichten. Wöchentlich liefert der „Grüne Bote“ in Witzenhausen dem Unternehmen eine breite Auswahl an Bio-Obst und Bio-Gemüse, das den Mitarbeitenden zur Verfügung gestellt wird. Das Gemüse wird vom Zulieferer selbst angebaut, das Bio-Obst kommt von Partnerbetrieben aus der Region. Das Angebot wird sehr stark genutzt. Neuerdings liefert der „Grüne Bote“ auch eine Bio-Limonade als Alternative zu Kaffee und Softgetränken.
Mehr zum Nordhessischen VerkehrsVerbund
Wer sich in Hessen sonst noch für Klimaschutz im Bereich Ernährung engagiert, lesen Sie im aktuellen KLIMAZIN.
Weitere Informationen über die Nachhaltigkeitsbemühungen von Landesbeteiligungen enthält der Beteiligungsbericht des Landes Hessen.
Landwirtschaft für die Zukunft
Margarethe Hinterlang ist Vorständin im Verein BIONALES, der sich mit diversen Projekten und Initiativen für eine Agrar- und Ernährungswende einsetzt.
„Bäuerliche ökologische Landwirtschaft ist für mich ein Schlüssel für die Zukunft“, sagt Margarethe Hinterlang. „In Natur- und Klimaschutz, als verbindendes gesellschaftliches Element und zur Sicherung gesunder Ernährung ist sie eine wichtige Stellschraube.“ Margarethe Hinterlang ist seit fast 40 Jahren als Landwirtin am gemeinschaftlich geführten biologisch-dynamischen Dottenfelderhof in Bad Vilbel aktiv. Mittlerweile im Ruhestand engagiert sie sich als Vorständin beim Verein BIONALES. In dieser Funktion möchte sie „Landwirtschaft für die Zukunft und Zukunft mit Landwirtschaft schaffen“.
Hinterlang hat drei erwachsene Kinder und drei Enkel – „und damit noch mehr Ansporn, etwas für deren Zukunft zu tun“, sagt sie. Mit ihrem Einsatz für eine regionale Ernährungssouveränität möchte sie dazu beitragen, positiven gesellschaftlichen Wandel für Landwirtschaft, Ernährung und Klimagerechtigkeit zu schaffen und umzusetzen. Regionale Ernährung sei ein wichtiger Baustein im Kampf gegen den Klimawandel und helfe, sicher durch Krisen zu kommen.
BIONALES (Bürger für regionale Landwirtschaft und Ernährung e.V.) wurde 2017 gegründet mit dem Ziel, Brücken zu bauen zwischen Verbrauchenden auf der einen Seite und Landwirtinnen, Verarbeitern und Händlerinnen auf der anderen Seite. Unter dem Dach von BIONALES engagieren sich verschiedene Initiativen für eine Agrar- und Ernährungswende. Die Vision dahinter ist eine resiliente Region mit vielseitigen bäuerlichen Betrieben mit standortangepasster Erzeugung und frischer, gesunder Ernährung in Kantinen, Schulen, Kindergärten und zuhause.
Herzstück des Vereins ist der von BIONALES getragene Ernährungsrat Frankfurt am Main, der mit wissenschaftlicher Forschung und vielen praktischen Initiativen Wissen vermitteln und nachhaltiges Handeln initiieren will. Zu seinen Aktivitäten gehört auch der Frankfurter Schulgarten, in dem Ernährungsbildung gelebt wird. Schülerinnen und Schüler sowie Kita-Kinder und interessierte Familien gärtnern hier unter fachlicher und pädagogischer Anleitung. Ziel des Projektes ist es, nicht nur die Wertschätzung von Lebensmitteln und das Verständnis für den Nahrungsmittelanbau bei Kindern zu steigern, sondern auch die Kompetenzen im Bereich Ernährung zu erweitern.
„FAIRkickt“ – Bildungscamp rund um Sport und Nachhaltigkeit
Im Rahmen der Europameisterschaft im Männerfußball vom 24. Juni bis 13. Juli organisiert BIONALES gemeinsam mit der Stadt Frankfurt am Main, der Lust auf besser leben gGmbH und vielen weiteren Akteurinnen und Akteuren gegenüber der Fanmeile das kosten- und barrierefreie nachhaltige Bildungscamp „FAIRkickt“. In Kunst- und Upcycling-Workshops werden 1.200 Jugendliche zwischen zwölf und 18 Jahren an Themen wie fairen Handel, Inklusion und Gleichstellung, Sport und Klimaschutz herangeführt. Sie lernen etwa alles über den Weg des Fußballs von der Fabrik bis zum Fußballplatz. Das Camp steht auch interessierten Erwachsenen offen.
Jeweils 15 Jugendliche kochen das gemeinsame Mittag- oder Abendessen für alle Workshop-Teilnehmenden – vegetarisch und mit bio-regionalen Zutaten. Der Ernährungsrat Frankfurt unterstützt die Bereitstellung der Lebensmittel und das gemeinsame Kochen. Am 27. Juni organisiert BIONALES eine Abendveranstaltung mit dem Arbeitstitel „Stadionverpflegung: Update für die Bratwurst!“. Dabei geht es darum, wie deftige und gesunde regionale Stadionverpflegung zukünftig aussehen kann. Ein Abschiedsfest mit Präsentationen aus den Workshops bildet den Abschluss der Woche – bei der Gelegenheit schauen die Teilnehmenden auch gemeinsam das Endspiel an.
Milch und Fleisch gehören zusammen
Ein weiteres aktuelles BIONALES-Projekt trägt den Titel „Milch und Fleisch gehören zusammen“. Zu dem Thema wurde ein Film auf dem Hof der Seelbacher Ziegenkäserei gedreht sowie ein Beitrag in der Sendung des Hessischen Rundfunks "Alle Wetter" gezeigt. Damit die Tiere Milch geben, bekommen sie jährlich Nachwuchs. Doch als Nachzucht der Milchherde wird nur ein kleiner Teil der weiblichen Nachkommen gebraucht – die restlichen Tiere werden selten auf dem Ursprungsbetrieb großgezogen und geschlachtet, sondern verlassen die Region und werden über weite Strecken transportiert. Immer mehr Erzeugerinnen und Erzeuger wollen das ändern.
Die Ernährungsräte Frankfurt sowie Marburg und Umgebung arbeiten an Lösungen, um den Jungtieren ein Heranwachsen möglichst auf dem Ursprungshof zu realisieren, bevor sie stressarm geschlachtet werden. Die Vermarktung dieser Tiere ist jedoch mit enormen Herausforderungen verbunden. „Es braucht ein Umdenken der Verbrauchenden, denn solches Fleisch ist nicht zu Dumpingpreisen zu haben und gehört ganz einfach zur Milchproduktion dazu“, sagt Margarethe Hinterlang.
Weitere Projekte von BIONALES in Kürze:
- Unter dem Titel LogRegio werden in Zusammenarbeit mit der Hochschule Fulda Bachelor- und Masterarbeiten z. B. zum Thema Lebensmittelverschwendung in Frankfurter Schulen erstellt. Erforscht wurde auch die Anwendung der „Planetary Health Diet“ auf Hessen.
Mehr zu LogRegio - Das House of Food in Frankfurt organisiert Küchenstammtische für die Außer-Haus-Verpflegung und sucht aktuell nach teilnehmenden Küchen von Schulen und Kitas.
Mehr zu House of Food - Im März fand eine erste Messe für regionale und kulinarische Verbindungen in den Römerhallen in Frankfurt statt.
Mehr zur Messe
BIONALES engagiert sich zudem in der politischen Diskussion in Hessen im Rahmen des Bündnisses für die Ernährungs- und Agrarwende (BEA). Dabei geht es etwa um den Vergleich von ökologischer und konventioneller Landwirtschaft und darum, welchen Beitrag die zukünftige hessische Landwirtschaftspolitik leisten kann, um den großen Herausforderungen wie Biodiversität, Klimawandel und Resilienz zu begegnen.
Was Margarethe Hinterlang über regionale Wertschöpfungsketten sagt, lesen Sie im aktuellen KLIMAZIN. Dort kommt sie in der neuen Kategorie „Stimme aus Hessen“ zu Wort.
Gesund und klimafreundlich
Hülsenfrüchte haben viele Vorteile für Mensch und Umwelt. Zwei Forschungsteams an der Hochschule Fulda untersuchen, wie sich ihr Konsum steigern lässt.
125 Gramm Hülsenfrüchte sollten wir jede Woche essen – das empfiehlt die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) seit März dieses Jahres. Erbsen, Bohnen, Linsen & Co. sind nicht nur gesund, sondern haben auch zahlreiche andere Vorteile, erklärt Dr. Catherina Jansen von der Hochschule Fulda: „Ihre Erzeugung zeichnet sich durch eine vergleichsweise günstige Umweltbilanz aus. Ihr Anbau wirkt sich positiv auf die Bodenqualität und die Fruchtfolge aus. Da auf den Einsatz von mineralischem Stickstoffdünger weitgehend verzichtet werden kann, gelten sie zudem als klimafreundlich.“
Catherina Jansen kennt sich mit Hülsenfrüchten – fachsprachlich Leguminosen genannt – aus. Sie ist wissenschaftliche Koordinatorin am Zentrum für Ernährung, Lebensmittel und nachhaltige Versorgungssysteme (ELVe), einer inter- und transdisziplinären Forschungs- und Entwicklungseinrichtung der Hochschule Fulda. Die Arbeitsschwerpunkte der Ernährungswissenschaftlerin liegen in der Alltags- und Ernährungsversorgung im privaten Raum und in institutionellen Settings der Gemeinschaftsverpflegung. Als Koordinatorin im Rahmen eines Forschungsprojekts liegt ihr Fokus momentan auf der Untersuchung soziokultureller Aspekte des Konsums von Hülsenfrüchten.
Das Forschungsprojekt im Überblick
- Name: Zielgruppengerechte Strategien zur Förderung des heimischen Leguminosenkonsums (StrahL)
- Übergeordnetes Ziel: Akzeptanz und Konsum von Hülsenfrüchten in Deutschland steigern
- Beteiligte Einrichtungen: Universitäten Bonn und Göttingen, Hochschule Fulda, Forschungsinstitute corsus research und Zühlsdorf & Partner
- Schwerpunkt des Teilprojekts der Hochschule Fulda: Soziokulturelle Aspekte des Hülsenfrüchtekonsums
- Methode: Medienanalysen, Interviews mit Verbrauchern und Expertinnen, Fokusgruppen mit Verbrauchenden
- Ziele: Ernährungsrelevante Wert- und Normvorstellungen zu Hülsenfrüchten aus der Perspektive unterschiedlicher Zielgruppen und in Anbetracht unterschiedlicher Ernährungsstile besser verstehen; Maßnahmen und Kommunikationsbotschaften entwickeln, die an die gelebten Alltagsroutinen unterschiedlicher Zielgruppen anschließen.
- Fokus: Verwendung von Hülsenfrüchten im Privathaushalt
Bei einem weiteren Forschungsprojekt, das die Hochschule Fulda in Kooperation mit dem Forschungsinstitut für biologischen Landbau (FiBL Deutschland e.V.) durchführt, geht es um die Außer-Haus-Verpflegung. Ziel ist es, auf Basis von bio-regional erzeugten gelben Erbsen und Ackerbohnen ein zusatzstofffreies Fleischersatzprodukt zu entwickeln, das in der Gastronomie und in Großküchen eingesetzt werden kann. Bei der Entwicklung des Produkts stützen sich die Forschenden auf die Ergebnisse lebensmittelsensorischer und ernährungsphysiologischer Untersuchungen sowie Gebrauchstauglichkeits- und Akzeptanztests in kooperierenden Großküchen.
Welche Vorteile eine pflanzenbetonte Nahrung hat und wie es mit den beiden Forschungsprojekten weitergeht, lesen Sie im aktuellen KLIMAZIN.